Etwa alle zwölf Sekunden ereignete sich im vergangenen Jahr auf Deutschlands Straßen ein Verkehrsunfall. Wenn man selbst in eine solche Situation gerät, liegen die Nerven oft blank und es passieren schnell Fehler. Stephan Schmidt, Leiter der TÜV-Station Gütersloh, gibt daher Tipps, wie man sich am Unfallort korrekt verhält und worauf man außerdem achten muss. Denn was viele nicht wissen: Als Unfallgeschädigter hat man das Recht auf ein neutrales Schadengutachten. Die Kosten hierfür trägt im Haftpflichtfall die Versicherung.
Die ersten Momente nach dem Crash
Der erste Schritt ist die Absicherung der Unfallstelle mithilfe der »Drei W’s« in der Reihenfolge: Warnblinkanlage einschalten, Warnweste anziehen und Warndreieck aufstellen. Handelt es sich nur um einen kleineren Blechschaden, muss außerdem die Fahrbahn geräumt werden, um den fließenden Verkehr nicht zu behindern. »Allerdings nur, wenn man sich dabei nicht selbst in Gefahr bringt, denn die eigene Sicherheit hat immer Vorrang«, sagt Schmidt.
Wurden Personen verletzt, gilt es, unverzüglich Erste Hilfe zu leisten und den Notruf 112 zu wählen – diese Notrufnummer gilt übrigens EU-weit. Beim Anruf des Notdienstes soll die Situation so konkret und knapp wie möglich geschildert und dann auf weitere Anweisungen gewartet werden.
Wann man die Polizei hinzuziehen muss
»Es gibt fünf Unfallsituationen, in denen die Polizei unter 110 informiert wird: Wenn Beteiligte unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stehen, ein Fahrzeug erkennbar aus dem Ausland kommt, bei größeren Sachschäden, wenn Personen verletzt sind oder bei Unfällen auf der Autobahn«, weiß der TÜV-Experte. Bei kleineren Blechschäden ohne Verletzte ist ein Anruf bei 110 hingegen nicht notwendig. Es reicht dann, die Kontakt- und Versicherungsdaten auszutauschen und den Unfallort und Fahrzeugschaden mit Fotos oder zumindest einer Skizze zu dokumentieren.
Wenn es keine weiteren Unfallbeteiligten gibt, zum Beispiel beim Zusammenstoß mit einem parkenden Auto, muss man eine angemessene Zeit auf den Fahrzeughalter warten. Die angemessene Dauer ist dabei situationsbedingt: Passiert der Zusammenstoß nachts, können 30 Minuten Wartezeit ausreichen. Auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums in der Mittagszeit sollte man hingegen durchaus zwei Stunden warten. »Erst dann kann man den Ort verlassen, nachdem man seine Kontakt- und Versicherungsdaten am Unfallort hinterlassen hat«, so der Stationsleiter. Den Unfall meldet man dann umgehend bei der Polizei.
Die wichtigsten Punkte in den Folgetagen
In den darauffolgenden sieben Tagen muss die Versicherung benachrichtigt werden. Andernfalls kann der Versicherungsschutz verfallen. Eine Ausnahme bilden Unfälle mit Todesfolge: Hier muss man bereits innerhalb von 48 Stunden nach dem Unfallzeitpunkt die Versicherung verständigen.
Zur Ermittlung der Unfallkosten ist wichtig zu wissen: Wer keine Schuld am Unfall trägt hat ein Recht auf die Begutachtung des Schadens durch unabhängige Sachverständige. Das erspart den Beteiligten viele Streitigkeiten und begünstigt eine faire und einvernehmliche Abwicklung. Schmidt: »Ein unabhängiges Schadengutachten trägt auf neutrale Weise zur Aufklärung der Schadenshöhe und zur Sicherung von Zahlungsansprüchen bei. Die Gutachten von TÜV Nord beinhalten zuverlässig die Reparaturkosten, die Reparaturdauer und bei größeren Schäden auch den Wiederbeschaffungswert und die Ausfallkosten. Sie haben weiterhin vor Gericht Bestand.« Ein Schadengutachten beschleunigt zudem die Zahlung durch die Versicherung. So kann jeder sichergehen, dass er zu seinem Recht kommt. Ab einer Schadenshöhe von etwa 800 Euro übernimmt die Kosten für die Erstellung im Regelfall die Versicherung des Unfallverursachers.
Auch bei einer Teilschuld ist das Gutachten sinnvoll, um die genaue Schadenshöhe zu ermitteln. Wenn man als Schuldtragender seinen Vollkaskoschutz in Anspruch nimmt, trägt nach Rücksprache gegebenenfalls die Versicherung die Kosten für die Gutachtenerstellung.
Die Schadengutachter von TÜV Nord sind unter der kostenlosen Service-Nummer (0800) 8069600 von Montag bis Freitag, 8 bis 18 Uhr, erreichbar.
TÜV-Nord-Unfall-Tipps auf einen Blick:
1. Drei W’s beachten: Warnblinkanlage, Warnweste, Warndreieck
2. Keine Verletzten und Situation ungefährlich: Fahrbahn räumen. Wenn Verletzte: Erste Hilfe leisten, EU-weiten Notruf (112) wählen, auf Anweisungen warten
3. Polizei (110) informieren, wenn: Beteiligte unter Drogen- oder Alkoholeinfluss, Fahrzeug aus dem Ausland, große Sachschäden, Personen verletzt oder Unfall auf der Autobahn
4. Kleine Blechschäden: mit Fotos oder Skizzen dokumentieren, Kontakt- und Versicherungsdaten austauschen
5. Parkendes Auto gerammt: Angemessene Zeit warten, Kontakt- und Versicherungsdaten hinterlassen, Unfall umgehend bei Polizei melden
6. Versicherung innerhalb von sieben Tagen informieren, bei Todesfällen: 48 Stunden
7. Recht auf neutrales Schadengutachten in Anspruch nehmen unter (0800) 8069600
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