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Kampagnenbündnis fordert: Keine Übermittlungspflicht bei Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus im GesundheitswesenZoom Button

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Kampagnenbündnis fordert: Keine Übermittlungspflicht bei Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus im Gesundheitswesen

Deutsche Aidshilfe: Bei HIV-positiven Menschen führt das Gesetz zu lebensbedrohlichen Erkrankungen. Auch weitere HIV-Übertragungen gehören zu den Folgen.

Ohne Angst zum Arzt zu gehen – das ist in Deutschland für Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus nicht möglich. Ein Bündnis aus über 60 zivilgesellschaftlichen Organisationen fordert mit der Kampagne „GleichBeHandeln“ daher eine Gesetzesänderung. Zu den Unterzeichner*innen gehören die Deutsche Aidshilfe (DAH), die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), Ärzte der Welt, Amnesty, die Diakonie Deutschland, Pro Asyl und die Arbeiterwohlfahrt (AWO).

Die Coronapandemie hat deutlich gemacht, wie wichtig das Recht auf Gesundheitsversorgung ist, sowohl für jeden einzelnen Menschen als auch für die gesamte Gesellschaft. Dieses Recht wird jedoch Hunderttausenden in Deutschland verwehrt. Denn der Paragraf 87 des Aufenthaltsgesetzes verpflichtet das Sozialamt, Personen ohne gültigen Aufenthaltstitel umgehend an die Ausländerbehörde zu melden, wenn sie eine Kostenübernahme für medizinische Leistungen beantragen.

Aus der begründeten Angst vor Abschiebung heraus vermeiden es daher Menschen, die teils schon jahrelang in der Mitte unserer Gesellschaft als Nachbar*innen, Kund*innen, Dienstleister*innen und Mitschüler*innen leben, sich ärztlich behandeln zu lassen. Die Folgen: Covid-19-Infektionen werden nicht entdeckt, lebensbedrohliche Erkrankungen bleiben unbehandelt, Schwangere können nicht zur Vorsorgeuntersuchung gehen, Kinder erhalten keine medizinische Grundversorgung.

DAH: Übermittlungspflicht ist ethisch und epidemiologisch falsch

Dazu erklärt Sylvia Urban vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe:

„Die Übermittlungspflicht macht krank und begünstigt die Verbreitung von Infektionskrankheiten. Bei Menschen mit HIV führt die Regelung dazu, dass sie zu spät mit einer Behandlung beginnen. Die Folge sind schwere Gesundheitsschäden bis hin zu Aids– einer heute vermeidbaren lebensbedrohlichen Erkrankung. Außerdem bleibt HIV ohne Medikation übertragbar. Die Übermittlungspflicht ist ethisch und epidemiologisch falsch, sie muss so schnell wie möglich abgeschafft werden.“

Gerade bei HIV-Infektionen zeigt sich das Dilemma, das das Gesetz an dieser Stelle hervorruft, sehr deutlich: Während bei Notfallbehandlungen noch der „verlängerte Geheimnisschutz“ gilt, greift bei chronischen Erkrankungen, die eine dauerhafte Behandlung erfordern, die Übermittlungspflicht.

„So verhindert geltendes Recht die medizinische Behandlung kranker Menschen. Gesundheit ist ein Menschenrecht, das durch Gesetze und Verordnungen nicht beeinträchtigt werden darf“, betont DAH-Vorstandsmitglied Sylvia Urban.

Langjährige Kritik – jetzt handeln!

Die Übermittlungspflicht steht bereits seit vielen Jahren in der Kritik. 2009 wurden Bildungseinrichtungen von der Pflicht, Personen ohne Aufenthaltstitel zu melden ausgenommen, damit Kinder ohne geregelten Aufenthaltsstatus ohne Angst zur Schule gehen können. Nun gilt es, den bestehenden Missstand auch für das Gesundheitswesen zu beseitigen. Das Kampagnenbündnis ist überzeugt: Menschen aus migrationspolitischen Gründen von notwendigen Arztbesuchen abzuhalten, ist inakzeptabel! Auch das Bundesverfassungsgericht hat 2012 entschieden: „Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren.“

Die Bundesregierung hat sich in verbindlichen internationalen Menschenrechtsverträgen verpflichtet, allen Menschen in Deutschland Zugang zu einer angemessenen Gesundheitsversorgung zu gewährleisten – unabhängig von Einkommen, Herkunft und Aufenthaltsstatus. 2018 hat der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte die deutsche Politik aufgefordert, das Aufenthaltsgesetz zu ändern, damit auch Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus Gesundheitsdienste in Anspruch nehmen können.

Das Bündnis fordert den Gesetzgeber auf, den Paragrafen 87 des Aufenthaltsgesetzes schnellstmöglich zu ändern und ruft alle Parteien auf, sich dafür einzusetzen.

Die Petition und weitere Informationen zur Kampagne finden Sie auf www.gleichbehandeln.de.

Ohne Angst zum Arzt – Eine grund- und menschenrechtliche Bewertung der Übermittlungspflicht im Aufenthaltsgesetz (von Gesellschaft für Freiheitsrechte / Ärzte der Welt)
 
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