Armin Laschet spielt auf Zeit. Erst vor wenigen Tagen hat er öffentlich betont, sein Platz nach der Bundestagswahl sei in Berlin. Die Möglichkeit einer Rückkehr nach NRW im Falle einer Wahlniederlage im Bund hatte er (sich) lange offen gehalten. Sein Bekenntnis für Berlin bedeutet mit anderen Worten: NRW braucht ab Herbst einen neuen Ministerpräsidenten. Und die CDU in NRW einen neuen Landeschef.
Laschet hat es bislang versäumt, diese Nachfolge zu klären. Deshalb spielt er seit Montagabend erneut auf Zeit. Das zeigt die wiederholte Verlegung des Landesparteitages auf den 23. Oktober – und somit nach der Bundestagswahl. Offiziell wird das mit der Corona-Lage begründet, da die Veranstaltung mit 1.000 Teilnehmern in Präsenz stattfinden solle. Inoffiziell aber scheuen die Christdemokraten in NRW eine erneute Zerreißprobe, so wie sie Laschet erst vor drei Wochen öffentlich mit Markus Söder geführt hat.
Die erneute Verschiebung des Parteitages ist mit der Hoffnung verbunden, dass bis zur Wahl im September Ruhe einkehrt – und dass Laschet sich voll auf das Rennen um die Kanzlerschaft konzentrieren kann, möglichst ohne Störfeuer aus Düsseldorf. Dort, so die Hoffnung, soll bis dahin hinter den Kulissen geräuschlos ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin für Laschet in NRW gefunden werden.
Ob das wirklich klappt, ist unsicher. Bereits in den vergangenen Tagen hatten potenzielle Nachfolger einzelne Testballons steigen lassen, die prompt in einer Personaldebatte mündeten. Die gehandelten Kandidaten wie Verkehrsminister Hendrik Wüst, Innenminister Herbert Reul und Bauministerin Ina Scharrenbach haben es selber in der Hand, dass aus der Funkstille nicht doch ein zäher viermonatiger Machtpoker wird, der letztlich allen schadet, allen voran Laschet. Denn der 60-Jährige hält nun vorerst weiter an seinen vier bedeutenden Ämtern fest: Chef der CDU im Land, im Bund, Landesvater und Kanzlerkandidat.
Eine geballte Verantwortung, die ihm im Wahlkampf nützen, aber auch schaden kann. Die besten Karten für seine Nachfolge in NRW hat weiterhin Wüst. Doch wenn der 45-Jährige intern die ungeteilte Unterstützung besäße, hätte man die Entscheidung für ihn nicht auf Ende Oktober verschieben müssen.Einige Beobachter verstehen die erneute Verlegung des Parteitages auch als Rest-Chance, die sich Laschet offen halten wolle, um die Tür nach NRW nach der Bundestagswahl doch noch nicht ganz zuzuschlagen. Das aber wäre keinem Wähler zu vermitteln.