Pflegeheimen drohen noch in diesem Jahr wirtschaftliche Schieflage und Insolvenz – BPA warnt vor drastischer Reduzierung bei der Refinanzierung der Mieten durch das Land Nordrhein-Westfalen
Düsseldorf (ots) Während Pflegeeinrichtungen weiterhin gegen die Auswirkungen der Pandemie kämpfen, drohen in der nordrhein-westfälischen Pflege kurzfristig wirtschaftliche Schieflagen bis hin zu Insolvenzen. Davor warnt der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (BPA). »Viele Betreiber von gemieteten Pflegeimmobilien wissen schon in wenigen Wochen nicht mehr, wie sie ihre Miete bezahlen sollen«, sagte der BPA-Landesvorsitzende Christof Beckmann.
Zum 1. Juli 2021 wird die Refinanzierung der Investitionskosten in Nordrhein-Westfalen zum Teil drastisch gekürzt und es entstehen in den Pflegeeinrichtungen Finanzierungslücken von bis zu mehreren hunderttausend Euro im Jahr. »Gleichzeitig befinden sich die Betreiber von Pflegeheimen jedoch in langfristig abgeschlossenen Mietvertragsverhältnissen und die Vermieter erwarten ihre vertraglich vereinbarten Mietzahlungen – und zwar in voller Höhe«, erklärt Beckmann. »Das ist ein untragbarer Zustand, auf den wir bereits seit längerer Zeit hinweisen. Wir fordern nach wie vor eine angemessene und vor allem wirtschaftlich tragfähige Übergangszeit und Vertrauensschutzregelung.«
Nach Zahlen des BPA sind mehr als 1.000 der insgesamt 2.300 Pflegeheime in Nordrhein-Westfalen angemietet und stehen nun vor erheblichen wirtschaftlichen Schieflagen bis hin zum Insolvenzrisiko.
»Die schwarz-gelbe Landesregierung will Kosten in zweistelliger Millionenhöhe in der Pflege einsparen. Dafür gefährdet sie Existenzen und geht das Risiko ein, viele tausend so dringend benötigte vollstationäre Pflegeplätze in Nordrhein-Westfalen dauerhaft zu verlieren«, kritisiert der BPA-Landesvorsitzende. »Das ist völlig unverständlich, vor allem, da uns doch die Pandemie in den zurückliegenden 15 Monaten mehr als eindrucksvoll aufgezeigt hat, welche große Bedeutung leistungsfähigen Pflegeeinrichtungen in unserer Gesellschaft zukommt. Diese Krise wurde zuallererst und mit herausragendem Einsatz der Verantwortlichen und Mitarbeitenden vor Ort bewältigt – nicht auf der Regierungsbank und im Plenarsaal des Landtags.«
Beckmann erwartet von der Politik, dass sie diesen gefährlichen Kurs der Kosteneinsparung in der Pflege aufgibt und stattdessen die Pflegeanbieter stärkt und vor allem nicht in existenzielle Notlagen bringt. »Der Vertrauensschutz für die gemieteten Pflegeheime muss gelten, in jedem Fall aber muss eine angemessene Übergangszeit geschaffen werden.« Der BPA schlägt eine Übergangszeit von 15 Jahren vor, ähnlich wie bei der Einführung der Einzelzimmerquote in Nordrhein-Westfalen. Dann könnten sich die Beteiligten auf die weitreichenden Änderungen einstellen und die notwendigen Maßnahmen einleiten.
Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste bildet mit mehr als 12.000 aktiven Mitgliedseinrichtungen (davon mehr als 1.900 in Nordrhein-Westfalen) die größte Interessenvertretung privater Anbieter sozialer Dienstleistungen in Deutschland. Einrichtungen der ambulanten und (teil-)stationären Pflege, der Behindertenhilfe sowie der Kinder- und Jugendhilfe in privater Trägerschaft sind systemrelevanter Teil der Daseinsvorsorge. Als gutes Beispiel für Public-private-Partnership tragen die Mitglieder des bpa die Verantwortung für rund 365.000 Arbeitsplätze und circa 27.000 Ausbildungsplätze (siehe www.youngpropflege.de oder auch www.facebook.com/Youngpropflege). Die Investitionen in die soziale Infrastruktur liegen bei etwa 29 Milliarden Euro.