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Der Heimatverein Isselhorst bangt nach wie vor um das Elmendörfer Fass. Vor einem Jahr war bekanntgeworden, dass Kai Elmendorf das Familienerbstück nach Hamburg holen will, wo er die Tradition der einstigen Isselhorster Brennerei fortführt.
An der Absicht hat sich laut Elmendorf nichts geändert, der Umzug des Fasses werde lediglich verschoben. Der Grund dafür ist offenbar die Absage eines Bauvorhabens wegen der Corona-Pandemie. Elmendorf will mit seinem Betrieb umziehen und in Hamburg eine eigene Produktion samt Schaubrennerei aufbauen. Dabei spielt das Fass offenbar eine wichtige Rolle: »Es wird eine Erlebnisbrennerei. Da gehört das Fass dazu, Aber akut steht das nicht an. Wir suchen einen neuen Standort. Das kann gefühlt zwei bis drei Jahre dauern. Es kann aber auch früher sein. Auf den Heimatverein gehen wir zu, wenn sich etwas verändert.«
Das Große Elmendörfer Fass ist ein aus Eichenholz gefertigtes, 20.000 Liter fassendes Kornbrandfass mit einer sehr aufwändig geschnitzten Schmuckfassade. Es wurde 1902 erstmalig aufgestellt und auf der großen Industrieausstellung in Düsseldorf der Öffentlichkeit präsentiert. Nach dieser Ausstellung wurde es in Düsseldorf abgebaut und im gleichen Jahr in der Brennerei Elmendorf in Isselhorst wieder aufgebaut. Hier hat es 111 Jahre gestanden und diente als Schaufass, aber auch als Lagerraum für den Kornbrand, der von 1689 bis zum Jahr 2000 in Isselhorst gebrannt wurde. Die aufwändige Holzbild-Schmuckfassade lehnt sich an die im 19. Jahrhundert aufkommenden Schmuckfässer in Weinbaugegenden an, ist aber für ein Kornbrandfass in Europa wohl einmalig. Die Fassade wurde zu Ehren anlässlich der Goldenen Hochzeit der Eheleute Johann-Friedrich Elmendorf und seiner Frau Henriette von dem Kunstschreiner Bangemann nach einem Entwurf Karl-Emil Doeplers in der Fassfabrik Bangemann gefertigt. Andreas Sassen hat die Geschichte dieses Fasses sorgfältig dokumentiert: Andreas Sassen, Beiträge zur Heimatgeschichte »Das Große Elmendörfer Fass« in Isselhorst.
Wegen Änderung der gesetzlichen Grundlagen konnte der Brennereibetrieb Elmendorf nicht weiter geführt und musste nach mehr als 300 Jahren Betriebszeit eingestellt werden. Der Eigentümer suchte nun nach einer wirtschaftlichen Folgenutzung für den großen, unter Denkmalschutz stehenden Gebäudekomplex. Nach mehreren Anläufen wurden eine Nutzung und ein Nutzer gefunden, der die Gebäude übernahm und eine neue weitgehend gewerbliche Nutzung entwickelte. Diesem Nutzungskonzept stand das Große Elmendörfer Fass aber im Wege, es musste seinen Platz, an dem es seit 1902 gestanden hatte, verlassen. Durch seine Ausmaße – 4,5 Meter hoch, 3,1 Meter tief und 2,5 Meter breit – war ein angemessenes Ausgleichquatier nicht leicht zu finden und so traf der Eigentümer Überlegungen, das Fass in das Industriemuseum nach Hagen zu geben.
In Isselhorst wurden nun aber viele Stimmen laut, das Fass müsse im Dorf bleiben und so hat der Heimatverein sich der Aufgabe angenommen, für das Fass eine neue Bleibe zu finden. Die wurde nach einigen Standortuntersuchungen auch gefunden und zwar in einem Nebengebäude der mehr als 325 Jahre alten Gastwirtschaft »Zur Linde« mitten im Dorf, in räumlicher Nähe zu dem Ursprungsort der Kornbrandbrennerei und zum bisherigen Standort des Fasses auf dem Gelände Elmendorf.
Am 21. September 2013 wurde das Fass an seinem bisherigen Standort abgebaut, restauriert und vorläufig eingelagert. Dann wurde mit dem Umbau des neuen Raumes begonnen. Auch die Finanzierung des Umbaus musste gestemmt werden. Am 29. August 2014 wurde das Fass an seinem neuen Standort wieder aufgebaut und am 14. September 2014 mit einem Dorffest wieder eingeweiht. Viele Isselhorster Vereine beteiligten sich an diesem Fest und stellten die Überschüsse ihrer Aktivitäten zur Finanzierung zur Verfügung. Etwa 1.000 Bürger und Bürgerinnen nahmen an dem Fest teil.
Das Fass hat einen würdigen Ort im Dorf gefunden und wird hoffentlich noch viele Jahre Zeugnis geben von der Industrie- und Sozialgeschichte des Dorfes im 19. und 20. Jahrhundert. Der Heimatverein dankt dem »Fassgeber«, der Familie Elmendorf und dem »Fassnehmer«, der Familie Ortmeier und den vielen Helfern und Spendern, die es möglich gemacht haben, das Fass im Dorf zu belassen.
Das Fass ist zu besichtigen. Sowohl Einzelpersonen als auch Gruppen können sich per E-Mail an info@heimatverein-isselhorst.de oder unter Telefon (05241) 687177 melden. Dort kann über die ausführlich dokumentierte Geschichte auch noch viel erfahren werden.
Geschockt und „bis ins Mark getroffen" zeigt sich Henner Schröder als Erster Vorsitzender des Dorf- und Heimatvereins Isselhorst. „Entsetzt habe ich den Artikel lesen und auf diese Weise von den Plänen Kai Elmendorfs erfahren müssen." Es geht um die Aussage, das große Elmendörfer Fass aus dem Isselhorster Fassmuseum nach Hamburg zu holen.
Die Geschichte um den Umzug
Kai Elmendorf hatte im vergangenen Jahr bei einer virtuellen Brennereiführung erklärt, er habe vor, zu expandieren, wieder eine eigene Kornbrennerei zu eröffnen, und dazu das alte 20.000-Liter Schnapsfass von Isselhorst nach Hamburg zu holen.
»Mehr als 300 Jahre bildeten Isselhorst und die Brennerei Elmendorf eine gemeinschaftliche Dorftradition. Die ehemalige Brennerei als Gebäude und das Brennen von Korn, waren, sind und bleiben wesentlicher Bestandteil der Isselhorster Geschichte«, sagte Henner Schröder vom Heimatverein Isselhorst.
»Diese gemeinsame Verwurzelung war für den Dorf- und Heimatverein auch die herausragende Motivation, eine Lösung für das große Fass zu finden, als der neue Eigentümer des Brennereigeländes im Jahr 2013 bekundete, dass das Fass nicht mehr auf dem Gelände verbleiben kann.«
Sehr viele Arbeitsstunden und viel Geld seien nötig gewesen, um das Fass wieder in Isselhorst aufzustellen. Geldspenden in Höhe von 50.000 Euro seien gesammelt worden – 2.000 Euro gab die Stadt Gütersloh dazu. »Es entstand das Fassmuseum, das bis heute schon Tausende von Besuchern begrüßen durfte«, so Schröder, der auch daran erinnert hatte, dass der verstorbene Knut Elmendorf stets betont habe, wie glücklich er sei, dass das Fass in Isselhorst bleibe.
»Wir sind tief enttäuscht, weil wir uns als Heimatverein auch als Retter des Fasses im Jahr 2013 sehen und von Kai Elmendorfs Überlegungen nicht von ihm persönlich, sondern wie alle anderen auch, erst aus der Zeitung erfahren haben.Natürlich sehen wir aber den Standort des Fasses aufgrund der gemeinsamen geschichtlichen Tradition hier in Isselhorst«.
Kai Elmendorf hatte sich schriftlich beim Heimatverein Isselhorst entschuldigt und mitgeteilt, es sei geplant gewesen, das Gespräch zu suchen, wenn die Standortfrage und die Genehmigungen für die neue Brennerei geklärt seien.
»Im Sommer 2017 hatten wir ein großes Familientreffen in Isselhorst. Hier kam auch die Wahrnehmung meiner Eltern zutage, dass sich immer weniger Menschen an die Brennerei in Isselhorst erinnern. In diesem Zusammenhang haben wir beschlossen, in Hamburg unsere lange Familientradition fortzuführen und wieder eine echte Brennerei aufzubauen.«
Das bisherige Korngeschäft beziehe den Rohalkohol aus Dortmund, in Zukunft wolle Kai Elmendorf diesen wieder selbst herstellen, so wie es jahrhundertelang Tradition war: »Mein Vater Knut war im Sommer 2017 sehr erfreut über diese Idee, auch wenn damals schon klar war, dass er die Einweihung der neuen Brennerei nicht mehr erleben würde.«
Ein Wiederaufbau der Brennerei berge viele Schwierigkeiten und Risiken – das ließe sich nur machen, wenn das Brennen mit einem Besucherstrom durch Besichtigungen verknüpft werde: »Und um dieses attraktiv zu machen, brauchen wir das Große Fass leider in Hamburg. Es ist für uns eine der wichtigsten Voraussetzungen, damit wir unsere Tradition überhaupt fortführen können.«
Die Entscheidung sei ihm nicht leichtgefallen, »aber auch schon mein Vater damals und meine Mutter heute stehen hinter dieser Entscheidung. Nur das Fass kann absichern, dass wir und auch spätere Generationen wieder und weiter Korn machen können.«
Gegenüber einer Zeitung hatte Elmendorf erklärt, dass die Familie selbst nicht unwesentlich an der Spendensumme beteiligt gewesen sei: »Aber für die Kosten, die der Heimatverein mit dem Fass hatte, stehen wir gerade. Dieser Verpflichtung kommen wir nach.«
Das Fass steht bis dato als Leihgabe im Museum von Rolf Ortmeyer. Aus rechtlicher Sicht kann es von Elmendorf jederzeit eingefordert werden. »Das Fass ist untrennbar mit der Brennerei verbunden. Nicht mit dem Ort«, so Kai Elmendorf. Für die Isselhorster, insbesondere für den engagierten Heimatverein, ist zweifellos das Gegenteil der Fall.
Stadtgeschichte von Gütersloh
Zur Stadtgeschichte von Gütersloh heißt es: Brennrechte besaßen in Gütersloh zahlreiche Höfe. Deren Produktion erlosch jedoch meist im Laufe des 19. Jahrhunderts, da gewerbliche Brennereien wie die Kornbrennereien von Heinrich Niemöller in der Münsterstraße (1823) oder Friedrich Niemöller (1820) in großem Umfang produzierten und Spirituosen handelten.
Die älteste Brennerei am Platze war die unter dem Namen Carl Stahl bekannt gebliebene Destillerie am Domhof mit ihren Vorbesitzern Friedrich-Wilhelm Welpmann (1640 bis 1688) und Wilke.
1841 verlegte die 1770 in Steinhagen gegründete Brennerei H.C. König ihren Sitz in die Häuser an der Ecke Münsterstraße und Berliner Straße. Sie stellte dort (bis etwa 1970) den »Steinhäger-Urkönig« her.
In Isselhorst hatte die Brennerei Elmendorf ihren Betrieb mit einem Patent des Großen Kurfürsten bereits 1689 aufgenommen. Ihre Produkte waren nicht nur in Deutschland anerkannt wie die Goldmedaillen auf den Weltausstellungen in Chicago und London beweisen. Auf der Weltausstellung in Philadelphia wurde 1895 ein besonders kunstvoll gefertigtes Eichenfaß des Familienbetriebes gezeigt.
1898 wurde das große Elmendörfer Fass von Holzbildhauern hergestellt. Es ist mit 20.000 Litern Fassungsvermögen das wohl größte in Deutschland – und als Sehenswürdigkeit in der Brennerei im Zentrum von Isselhorst – zu besichtigen.
Insofern ist natürlich das Fass untrennbar mit der Brennerei verbunden. Die Brennerei hingegen ist im Grunde genommen untrennbar mit dem Ort verbunden. Und somit ist das Fass eben auch mit dem Ort verbunden.
Kommentare
Christian Schröter: Soso … das kann »gefühlt« zwei bis drei Jahre dauern? Er fühlt das schon vorher? Die Isselhorster freut das sicherlich nicht. Aber wenn er meint. Ist ja sein Fass., 8. August 2021, 4.46 Uhr