Drohnenfoto der Fundfläche im Norden von Frömern (Hintergrund) unmittelbar neben der Eisenbahnstrecke (rechts). Foto: D. Riemenschneider, LWL-Archäologie, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen, für Pressemeldungen ist der Herausgeber verantwortlich, die Quelle ist der Herausgeber
Fröndenberg/Ruhr (lwl). Dort, wo heute ein Industrieunternehmen Lehm abbaut, taten das auch bereits die Menschen in der Jungsteinzeit. Das können Archäolog:innen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) mit einer Ausgrabung nachweisen und mit den Erkenntnissen ein genaueres Bild urgeschichtlicher Siedlungen rund um Frömern, einem Stadtteil Fröndenbergs/Ruhr (Kreis Unna), zeichnen.
Neue urgeschichtliche Siedlungsstelle entdeckt
Seit vielen Jahren baut das Balster Einheitserdewerk Ton- und Lehmvorkommen rund um Frömern ab. »Die dabei gewonnenen Rohstoffe werden zu Bestandteilen von Substratmischungen für den Pflanzenanbau weiterverarbeitet«, erklärt Joachim Jahn, Betriebsleiter des Erdwerks Balster. Lehm und Ton werden dabei jährlich auf kleineren Flurstücken aus dem Boden gewonnen, nachdem die Ackerkrume abgetragen ist.
»Seit einigen Jahren begleiten wir diese Abbauarbeiten«, erklärt Prof. Michael Baales, Leiter der Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie für Westfalen. »Dank unseres ehrenamtlichen Mitarbeiters Michael Becker aus Fröndenberg hat sich diese Region mittlerweile als äußerst reiche Fundlandschaft entpuppt.« Es seien immer wieder neue Fundstellen zu Tage gekommen, die die Experten als die letzten Überreste urgeschichtlicher Siedlungsstellen deuten.
Entdeckt haben die Fachleute kleine Pfostengruben ehemaliger Gebäude in Holzständerbauweise und größere Gruben, aus denen Lehm entnommen wurde und die später mit Abfällen verfüllt wurden. Offenbar haben also bereits die Menschen dieser Zeit hier Lehm gewonnen.
»Wegen des geologischen Untergrunds sind die Gruben meist sehr bescheiden und nicht besonders tief erhalten«, erklärt Grabungstechniker Matthias Müller-Delvart. Auf dem lehmig-tonigen Untergrund ist im Laufe der vergangenen Jahrtausende der hier einst vorhandene fruchtbare Lößboden weitgehend abgetragen worden, so dass unter dem Ackerboden recht bald der tonig-lehmige Untergrund zum Vorschein kommt. Durch den modernen Ackerbau wurde dieser Prozess zusätzlich verstärkt. Die Siedlungsgruben sind daher häufig nur noch bis auf wenige Zentimeter Tiefe erhalten.
Die Fundüberlieferung auf den ausgebeuteten Flächen rund um Frömern war bisher also überschaubar geblieben, allerdings trat die Fläche nördlich von Frömern, die die LWL-Archäologen in diesem Jahr untersucht haben, etwas heraus: Anfang August 2021 wurde hier eine neue Fläche von etwa einem Hektar geöffnet, und einige der gut zwei Dutzend Siedlungsgruben reichten bis zu 40 Zentimeter in den Untergrund hinein.
»Bei dem trockenen Wetter war das Bearbeiten der archäologischen Befunde auf dem hart gewordenen Untergrund körperlich durchaus anspruchsvoll«, erzählt Müller-Delvart, der die Arbeiten hier regelmäßig betreut. Eine genaue zeitliche Einordnung anhand der wenigen gefundenen Steingeräte und Keramikscherben ist meist schwierig, aber es gibt eine erste Einschätzung: Wenige Grubenbefunde könnten noch aus der Jungsteinzeit stammen, was allerdings eine Seltenheit wäre. Einige Scherben weisen in die Eisenzeit (von 800 vor unserer Zeitrechnung bis zur Zeitenwende) oder die folgende Römische Kaiserzeit (wenige Jahrhunderte nach Christi Geburt). Zudem stammen aus einer Grube einige stark verbrannte, sogenannte kalzinierte Knochenfragmente, wie sie Fachleuten von Leichenbrandbestattungen bekannt sind. Möglicherweise ist somit auch der Rest eines Brandgrabes geborgen worden.