Kellnerin im Café: In Branchen wie der Gastronomie arbeiten viele Frauen zu geringen Löhnen und häufig für wenige Wochenstunden. Die Gewerkschaft NGG fordert Unternehmen und Politik auf, mehr für die Gleichberechtigung am Arbeitsmarkt zu tun. Foto: Alireza Khalili, NGG, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen, für Pressemeldungen ist der Herausgeber verantwortlich, die Quelle ist der Herausgeber
Im Kreis Gütersloh verdienen Frauen 17 Prozent weniger als Männer
Frauen beim Lohn weiterhin im Nachteil: Zum Internationalen #Frauentag weist die Gewerkschaft #Nahrung #Genuss #Gaststätten (NGG) auf große Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern im Kreis Gütersloh hin. Frauen, die eine Vollzeitstelle haben, verdienen im Kreis aktuell 17 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Während der mittlere Vollzeit-Verdienst von Männern bei 3.472 Euro pro Monat liegt, kommen Frauen lediglich auf 2.870 Euro, so die NGG Region Bielefeld-Herford unter Berufung auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. »Es kann nicht sein, dass Frauen in puncto Bezahlung trotz gleicher Arbeitszeit systematisch den Kürzeren ziehen«, kritisiert Gewerkschafter Thorsten Kleile.
Die Corona-Pandemie habe die Situation teils verschärft – und alte Rollenbilder verfestigt. »In Zeiten von Lockdowns und Schulschließungen waren es in vielen Familien gerade die Frauen, die beruflich zurückstecken und sich um Kinder und Haushalt kümmern mussten«, sagt Kleile. In Branchen wie dem Gastgewerbe habe die Krise Frauen zudem besonders stark getroffen – etwa weil sie überdurchschnittlich oft in Minijobs arbeiteten. Diese Stellen seien nach zwei Jahren Pandemie in großem Stil abgebaut worden. Die Betroffenen stünden nach dem Job-Verlust ohne Arbeitslosenversicherung da und hätten auch keinen Anspruch auf das Kurzarbeitergeld.
Neben prekären Arbeitsverhältnissen gebe es aber in vielen Betrieben nach wie vor einen großen Gender Pay Gap, also eine erhebliche Lohnlücke zwischen den Geschlechtern. »So verdienen Bäckereifachverkäuferinnen in Nordrhein-Westfalen bei Vollzeit rund 400 Euro weniger als Bäcker. Dabei haben beide eine dreijährige Ausbildung hinter sich und es im Arbeitsalltag mit genauso hohen Anforderungen zu tun«, betont Kleile. Der NGG-Geschäftsführer ruft die Unternehmen in der Region dazu auf, die Ungleichbehandlung zu beenden und »gleichen Lohn für gleiche Arbeit« zu zahlen. Gerade mit Blick auf den Fachkräftemangel im Lebensmittel- und Gastgewerbe sollten die Firmen alles daransetzen, durch attraktive Arbeitsbedingungen Frauen zu gewinnen. »Hier schlummert ein enormes Potential für den heimischen Arbeitsmarkt«, so Kleile.
Allerdings stehe auch die #Politik in der Pflicht, mehr für die Gleichberechtigung zu tun. Die NGG kritisiert insbesondere das Ehegattensplitting. »Das Steuersystem bietet Frauen, deren Partner ein gutes Einkommen haben, kaum Anreize, selbst beruflich durchzustarten. Durch hohe Abzüge in der Steuerklasse V bleiben viele von ihnen doch zuhause oder machen nur einen Minijob. Hier muss die Bundesregierung eine Reform anpacken«, fordert Kleile.
Die Gewerkschaft verweist zugleich auf Fortschritte. Nach einer Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans Böckler Stiftung haben Frauen Männer bei den Bildungsabschlüssen in den letzten Jahren überholt. Hatten im Jahr 2005 bundesweit lediglich 26 Prozent aller Frauen die Hochschulreife, waren es 2019 gut 40 Prozent (Männer 29 beziehungsweise 39 Prozent). Auch die Zahl der Haushalte, in denen Frauen das Haupteinkommen beisteuerten, ist zuletzt deutlich – auf ein Achtel aller Haushalte – gestiegen. Allerdings sind Führungspositionen nach Angaben des WSI weiterhin überwiegend in männlicher Hand. Einer der Gründe: Frauen haben weitaus häufiger eine Teilzeitstelle als Männer.
Nach Einschätzung der NGG könnte die Pandemie jedoch langfristig zu einem Umdenken beitragen: »#Corona kann auch eine Chance für mehr Gleichberechtigung sein. Viele Männer haben in den letzten zwei Jahren erstmals richtig erfahren, welche Arbeit Kinderbetreuung und Haushalt machen – aber auch, wie wichtig ihre Unterstützung zuhause ist«, so Kleile weiter.