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Bioland gibt Insekten eine Stimme und gründet die Insektenlobby

Bioland gibt Insekten eine Stimme und gründet die Insektenlobby

  • Pressegespräch mit Renate Künast in Berlin dient als Auftaktveranstaltung, den Insekten eine Stimme zu geben.

Berlin, Mainz, 23. November 2022

Bioland hat heute in Berlin die Insektenlobby gegründet. Als Auftakt diente ein Pressetermin mit Renate Künast, Bundestagsabgeordnete und ehemalige Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Reinhard Witt Präsident vom #Naturgarten sowie den Vertretern des #Bioland Verbandes, Präsident Jan Plagge, Naturschutzexpertin Katharina Schertler und Geschäftsleiter Agrarpolitik Gerald Wehde. Moderiert wurde die Veranstaltung von der Moderatorin Susan Link, bekannt aus dem #Morgenmagazin.

Ziel der #Insektenlobby ist es laut #Verband, #Verbraucher und politische Akteure sowie Kommunen hinsichtlich des Insektensterbens nachhaltig zu sensibilisieren und zum wirksamen Insektenschutz zu aktivieren. Mit gezielten Forderungen wollen sie zudem im Namen aller 11.200.000.000.000.000.000 Insekten des #Landes #Politik und #Landwirtschaft zum Handeln aufrufen.

»Wir möchten so viele Menschen wie möglich erreichen und sie als Mitglied der Lobby gewinnen. Sie sollen zur Stimme der Insekten werden und dazu befähigt, aktiven Insektenschutz zu leben und umzusetzen«, so Jan Plagge. »Dazu sind in den nächsten Jahren zahlreiche Maßnahmen geplant. Ganz aktuell ist unsere Kampagne Hier brummt die #Vielfalt, in der wir unsere Betriebe involvieren und über #Social #Media Aktionen auf die Lage der Insekten aufmerksam machen. Unsere Höfe zeigen dabei, wie Insektenschutz in der Landwirtschaft aussehen kann und was den Unterschied macht, wenn Konsumenten zu #Bio anstatt zu konventionell erzeugten #Lebensmitteln greifen.«

Zur Insektenlobby zählt sich auch Renate Künast, die auf dem Podium ebenfalls für mehr Bio warb. »Insekten schützen, nicht Konzerne! Insekten sind systemrelevant, ohne sie geraten unsere Lebensgrundlagen ins Wanken. Die aktuell steigenden Lebensmittelpreise müssen uns ein Warnsignal sein. Wenn wir das Artensterben und die Klimakrise nicht aufhalten können, so wird das Ernährungssystem mit weitaus größeren Herausforderungen konfrontiert sein. Zahlreiche Lobbyisten arbeiten daran, das auf teuren Pestiziden und künstlichen Düngemitteln fußende agrarindustrielle System zu beschützen. Wir brauchen jetzt eine klare Kurskorrektur und den konsequenten Ausbau des Ökolandbaus. Es wird Zeit für eine Insektenlobby!«

Es ist wissenschaftlich belegt, dass der Verlust an Biodiversität der Klimakrise in Sachen Brisanz in nichts nachsteht. »Insekten sind für uns immens wichtig. Jährlich sind sie weltweit an der Erzeugung von Nahrungsmitteln im Wert von mehr als 153 Milliarden Euro beteiligt und sie bestäuben über drei Viertel unserer Nutzpflanzen. Derzeit erleben wir jedoch einen fatalen Rückgang dieser Klasse. Bis zu 75 Prozent der Biomasse sind bereits in Teilen Deutschlands verschwunden«, so Katharina Schertler. »Für Bioland war es daher höchste Zeit, das Thema größer aufzuhängen.«

Zwar liege laut Schertler der größte Hebel in der #Landwirtschaft, da diese neben den 30 Prozent Waldfläche rund 50 Prozent der Flächennutzung in Deutschland ausmache, doch die Unterstützung der Verbraucher sei dennoch sehr wichtig.

Das bestätigte auch Podiumsteilnehmer Reinhard Witt, Präsident vom Verein Naturgarten. Er setzt sich bereits seit Jahrzehnten für mehr Insektenschutz ein. Einen Schlüssel, insbesondere für Privatpersonen, sieht er in der Verwendung von mehr heimischen Wildpflanzenarten. »Wir hoffen, dass die Arbeit der Insektenlobby viele Menschen erreicht und mit Irrtümern aufräumt. Wir wissen: Jedes Stückchen mit echten heimischen Wildblumen – sogar mitten in der #Stadt – hilft unseren Wildpflanzen und Tieren zu überleben. Jeder Mensch, der unsere Ideen der naturnahen Gestaltung tatkräftig mitträgt und vorwärtsbringt, zählt. In Gärten und Grünanlagen müssen wir von exotischen Pflanzen wegkommen, die nur von sehr begrenztem tierökologischem Wert sind. Denn nur zehn Prozent der pflanzenfressenden Insekten sind unspezialisiert, also nicht auf bestimmte Pflanzen festgelegt. Die restlichen 90 Prozent der pflanzenfressenden Insekten sind spezialisiert auf bestimmte heimische Pflanzen. Sie brauchen bestimmte Blätter, Saft, Rinde, Blüten, Früchte und Samen. Biodiversität im Siedlungsraum entsteht also nur über heimische Wildpflanzen. Das ist für den Siedlungsraum eine der wichtigsten Maßnahmen gegen das Insektensterben. Außerdem kommen heimische Wildpflanzen besser mit dem Klimawandel zurecht als exotische Zierpflanzen.«

Mit einer professionell gestalteten Insektenmaske vermittelten die Vertreter*innen von Bioland bei dem Pressetermin eindrücklich, in welcher Notlage sich die Insekten heute befinden. Jan Plagge gab seine Stimme der Blauflügel-Prachtlibelle und beklagte sich über fehlende Gewässer, die nicht mit Nährstoffen aus synthetischem Stickstoffdünger überlastet sind. Diese brauche das Insekt jedoch zum Überleben. Katharina Schertler sprach für den Kleinen Perlmuttfalter und Gerald Wehde für den Gold-Laufkäfer.

»Eine echte Lobby ist dafür da, denen eine Stimme zu geben, die bisher keine haben. Das wollen wir gemeinsam mit so vielen Menschen wie möglich ändern und richten unsere Forderungen ganz klar auch an die Politik«, so Gerald Wehde. »Um das Überleben der Insekten in unseren heimischen Öko-Systemen zu sichern, muss der Einsatz der chemisch synthetischen Pestizide um mindestens 50 Prozent reduziert werden, wie es auch die EU #Kommission bis 2030 festgelegt hat. Zudem brauchen Insekten großflächige Gebiete ohne den Einsatz dieser Mittel. Insekten würden dafür den Ökolandbau wählen, denn er garantiert eine pestizidfreie Landwirtschaft auf rund 95 Prozent der Flächen. Warum sich eine Landwirtschaft auf Basis synthetischer Dünger und Pestizide mehr rechnet, als eine insekten- und menschenfreundliche Erzeugung, leuchtet unseren Insektenvertretern nicht ein. Daher fordert die Insekten-Lobby auch, dass Betriebe, die sich für den Erhalt der Biodiversität und intakter Ökosysteme einsetzen, entsprechend bei der Verteilung der Agrarsubventionen berücksichtigt werden.« 

»Wir müssen uns auch immer vor Augen führen, dass die #Umwelt und damit auch unsere Lebensgrundlagen keine juristisch fixierten Rechte haben. Wäre die #Natur in unserem Rechtssystem und Wirtschaftssystem eine eigene Person, dann würden wir nicht so kurzfristig auf Kosten anderer handeln – dann säße die Natur mit am Verhandlungstisch. Um damit zu beginnen, verschaffen wir den Insekten eine Lobby«, schließt Plagge ab.

Die Forderungen der Insektenlobby im Einzelnen

  • Alle gesellschaftlichen Gruppen müssen ihre Flächennutzung ändern: Landwirtschaft und alle Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger, die Verantwortung für die Nutzung von Flächen haben

  • Die Politik muss öffentliche Leistungen der Landwirte für mehr #Biodiversität und intakte Ökosysteme ausreichend honorieren

  • Verbot von chemisch synthetischen Pestiziden in ökologisch empfindlichen Gebieten sowie auf öffentlichen und privaten Flächen

  • Einführung einer Abgabe auf Pestizide

  • Erstellung eines wirksamen politischen Gesetzesrahmens, der den Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide im Pflanzenschutz als letzte Wahl vorgibt

  • Zulassungsstopp für Pestizide mit breiter Wirkung in Kleingewässern

  • Verbot aller Totalherbizide, wie beispielsweise #Glyphosat

  • Verpflichtende flächengebundene #Tierhaltung

  • Abgabe für synthetischen #Stickstoffdünger

  • Förderung der Strukturvielfalt in Agrarlandschaften

  • Förderung der Insektenvielfalt in Siedlungsräumen

  • Intensivierung der Forschung und des Monitorings

  • Einführung eines umfassenden Ökosystemschutz im Grundgesetz, als »Rechte der Natur«

  • Systematische Anpflanzung heimischer Wildpflanzen

    • alle 10 Meter ein kleiner Wildpflanzenlebensraum bis zu 10 Quadratmetern. Zum Beispiel Balkon, Fassadenbegrünung, Wildblumenbeet

    • Alle 100 Meter ein Wildpflanzenlebensraum bis zu 100 Quadratmetern. Zum Beispiel Naturgarten, öffentliches Grün, Biodiversitätsdach

    • Alle 500 Meter ein großer Wildpflanzenlebensraum bis zu 500 Quadratmetern. Zum Beispiel öffentlicher Park, großer Naturgarten, großes Biodiversitätsdach

    • Vernetzung und Verbindung der Wildpflanzenlebensräume durch naturnahe Straßenränder, Bahndämme, Wegränder

Bioland Verband

Bioland ist der bedeutendste Verband für ökologischen Landbau in Deutschland und Südtirol. Rund 10.000 Betriebe aus Erzeugung, Herstellung und Handel wirtschaften nach den Bioland Richtlinien. Gemeinsam bilden sie eine Wertegemeinschaft zum Wohl von Mensch und #Umwelt.

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