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Gütersloh, Festivals in der Innenstadt, Kultur, Galerien, Interessensausgleich und der Charakter von »Events«
Gütersloh, 10. Juni 2023
Ein altes Thema. Dass »Großfestivals« in der Innenstadt stattfnden müssen, ist nicht einzusehen. »Wacken« findet auch nicht in der Innenstadt statt. In Wohngebieten wäre irgendwelche #Events dieser Art undenkbar.
In früheren Zeiten haben sich »Marktflecken« gebildet, und »Markt« hieß auch »Kultur«. Wenn man so will ist es also grundlegend, dass in der »Innenstadt« etwas »Öffentliches« stattfindet. Allerdings nicht in Form von »Massenevents«.
Andererseits gibt es etwa in Manhattan große Konzerte. Sogar Van Halen ist dort aufgetreten. Allerdings ist das auch eher ein Geschäftsviertel.
Und natürlich gilt es auch die Interessen Einzelner zu wahren und unter Umständen auch über die von »Vielen« zu stellen. Das passiert doch ständig. Das ist der Kern unserer Demokratie. Wo wären wir, wenn immer nur die Interessen der Mehrheit durchgesetzt würden?
Wie immer liegt die Lösung im »Ausgleich«. Im #Interessensausgleich.
Und wie hat die #Kulturgemeinschaft #Dreiecksplatz das früher gemacht? Sie hat im weiten Umkreis die Anwohner zu Kaffee und Kuchen eingeladen. Sie hat sich auch nachbarschaftlich engagiert. Das tut sie heute nicht mehr. Heute ist sie hermetisch.
In Sachen Wapelbeats ist es natürlich Rechthaberei, wenn ein Nachbar so massiv reagiert. Es ist ja nicht so, als würde die Veranstaltung an 365 Tagen im Jahr stattfindet. Es ist aber auch #Rechthaberei und #Wichtigtuerei, ihm das ganze einfach zu oktroyieren und seine Interessen zu ignorieren. Da muss man sich halt etwas überlegen.
Nicht umsonst sind (oder waren) Discos meist in Industriegebieten gelegen oder sonstwie abgelegen … und #Großfestivals finden meist nicht umsonst auf der Grünen Wiese statt.
Man kann nicht sagen, als Innenstadtbewohner müsse man so etwas hinnehmen – dann könnte man umgekehrt auch sagen, als Veranstalter müsse man es hinnehmen, dass niemand belästigt werden will.
Wie gesagt. Die #Interessen müssen ausgeglichen werden. Und es muss nicht übertrieben werden. Nur Maximalstandpunkte zu vertreten ist in solchen Fällen ungut.
Und man muss sich auch mit Dingen beschäftigen und auseinandersetzen. So gibt es für Outdoor Events Beschallungssysteme, die sich sehr genau fokussieren lassen. Es gibt Lautsprechersysteme, die man so ausrichten kann, dass man – wenn man aus dem Fokus tritt – kaum noch etwas hört. So etwas gibt es. Das ist natürlich rar und teuer.
Jedenfalls muss ein eine Woche laufendes Festival in einer Innnenstadt nicht sein. Das ist ungewöhnlich. »Tradition« ist keine Rechtfertigung.
Zumal es auch (wie eigentlich immer) am »Wollen« hängt. Nicht wahr? Beschwert sich irgendjemand über Schützenfeste oder lautstarke Schützenumzüge? Kaum. Warum? Weil sie nicht oktroyiert werden. Das ganze enstand quasi aus sich heraus.
Jedenfalls ist es nicht so, dass die eine Seite 100 prozentig Recht hat (und im Recht ist) und die andere Seite nicht. Und umgekehrt genauso. Genau das versteht man unter »Spaltung«. »Ingroup« und »Outgroup«. Die Lösung liegt im »mit« statt im »gegen«. Im Interessensausgleich. Hat man etwa bei den Wapelbeats den Nachbarn (oder die Nachbarn?) eingeladen, bei der Planung mitzuwirken? Das hätte man tun müssen. Man kann ja nicht den Leuten einfach etwas vorsetzen, und es dann einfach durchsetzen. Natürlich gilt das dann für beide Seiten. Die »andere Seite« kann auch nicht darauf beharren, dass niemand gar nichts machen darf, dass Stillstand herrscht.
Dieses rigorose Denken ist falsch. Und ich rede hier nicht von »Kompromissen«. Sondern – wie gesagt – von Interessensausgleich. Das ist etwas ganz anderes. Auch wenn das vielleicht schwer verständlich ist.
Natürlich: Aus Sicht eines Veranstalters oder Besuchers ist alles toll. Und wer sich beschwert, ist ein ignoranter Idiot. Aber aus Sicht eines Nicht-Besuchers, der nichts damit zu tun hat, ist es eben so, dass er unter Umständen von tagelangem, stundenlangen Gewummere und Krach belästigt wird. Also ist eben Ausgleich gefragt.
Und noch etwas: »Früher« war das ein viel geringeres Problem. Warum? Wegen der eskalierten Genres und der eskalierten Technik. Ein #Kurkonzert oder #Platzkonzert mit klassischer Musik ist kaum belästigend. Es gibt kein Gewummere und keine eskalierte #PA #Technik.
Das ist ein Punkt: Warum muss denn das ganze so übertrieben laut sein? Auf dem Platz versteht man sein eigenes Wort nicht. Warum muss das sein? Nur um die Musik durchzusetzen? Warum denn? So eskaliert das eben. Wenn man die Musik dergestalt durchsetzen muss, stimmt was nicht. Dann kommen die Leute gar nicht um der Musik willen, sondern um des »Events« willen – weil »was los ist«. Natürlich ist das dann für die Künstler frustrierend. Aber dann ist es nun einmal so. Pech gehabt. Dann stimmt eben etwas an dem ganzen nicht.
Und schauen wir uns die sogenannte »Hochkultur« an. Ist es vorstellbar, dass bei einem Sinfoniekonzert die Leute herumstehen oder herumsitzen, essen und trinken, labern, und die Lautstärke bis zum Exzess aufgedreht wird? Nein, ist es nicht. Das Publikum schweigt und genießt – und zwar die Darbietung. Und nicht alles andere.
Das ist ein Symptom des Kulturverfalls. In Genres wie #Jazz oder #Klassik ist das Publikum austauschbar – die Künstler aber nicht. In den Pop Genres ist es umgekehrt. Da sind – wie man ja sieht – die Künstler austauschbar, das Publikum aber nicht. Wie absurd. Und bei »Festivals« ist es eben noch schlimmer. Da sind nicht nur die Künstler austauschbar – da werden sie ja sogar ausgetauscht. Und das Publikum eben nicht. Das ist durchgehend dasselbe.
Generell ist es sehr schädlich, wenn Kultur (im Sinne von Kunst) zum »Event« wird. Das ist ungut. Denn das impliziert, dass sie, wenn kein »Event« stattfindet, eben nicht stattfindet. Das sollte aber nicht so sein. Aus dieser Sicht war der Gedanke der freitäglichen Platzkonzerte ein kluger Gedanke. Aber auch die sind schon zu sehr zum »Event« geworden, bei dem die Kultur gar nicht im Vordergrund steht. Nur ein Beispiel: #Galerien tun genau das, was hier gesagt wird. Vielleicht sollte man in diesem Sinne (abstrakt) über so etwas wie eine »Musikgalerie« nachdenken.
Das ist eben kein einfaches Thema. Der Beweis sind eben solche #Diskussionen, wie sie immer wieder stattfinden.