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Bielefeld: Wirtschaftspsychologen der HSBI untersuchten Krisenkommunikation nach Anschlägen mit islamistischem HintergrundZoom Button

Elif Durmaz untersuchte im Wirtschaftspsychologischen Labor der HSBI mit ihrem Experiment, welchen Einfluss unterschiedliche Reaktionen muslimischer Organisationen auf Terroranschläge auf die Aufmerksamkeit von Rezipienten haben. Hier als Probandin: Eliza Starke aus dem Fachbereich Wirtschaft. Foto: P. Pollmeier, HSBI, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen, für Pressemeldungen ist der Herausgeber verantwortlich, die Quelle ist der Herausgeber

Bielefeld: Wirtschaftspsychologen der HSBI untersuchten Krisenkommunikation nach Anschlägen mit islamistischem Hintergrund

Bielefeld: Wirtschaftspsychologen der #HSBI untersuchten #Krisenkommunikation nach Anschlägen mit islamistischem Hintergrund

Bielefeld, 15. Februar 2024

Im Wirtschaftspsychologischen Labor der HSBI untersuchten Forscher die Reaktionen von Lesern auf Zeitungsartikel, um Empfehlungen für die Krisenkommunikation muslimischer Organisationen nach terroristischen Angriffen in Deutschland zu erarbeiten.

»Islamistischer #Terror in #Berlin: Anschlag mit 5 Todesopfern erschüttert die Hauptstadt« – so beginnt ein Artikel, den Eliza Starke am Computer liest. Dabei ist sie jedoch nicht allein: Über dem Bildschirm befindet sich eine kleine Kamera, ein sogenanntes Eyetracking Instrument, das jeden ihrer Blicke verfolgt und aufzeichnet. Gleichzeitig wird sie von Elif Durmaz, einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin der Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Bielefeld (HSBI), beobachtet. »Bei den Terroristen handelt es sich um 3 Männer mittleren Alters arabischer Herkunft«, heißt es im Text. Und: »Das Attentat verurteilt der Zentralrat der #Muslime in Deutschland  aufs Schärfste.« Der Artikel ist authentisch geschrieben – aber ein Fake.

Beginn im April 2023: Start der Studie im Labor

Elif Durmaz untersuchte im vergangenen Jahr im Wirtschaftspsychologischen Labor der HSBI mit solchen Experimenten, welchen Einfluss unterschiedliche Reaktionen muslimischer Organisationen auf Terroranschläge auf die Aufmerksamkeit der #Rezipienten haben. An diesem Tag im April hatte sie jedoch keine »normale« Probandin zu Gast, sondern Eliza Starke – ebenfalls Mitarbeiterin im Fachbereich Wirtschaft, genauer gesagt im Transferprojekt »InCamS@BI« – Innovation Campus for Sustainable Solutions. Die Doktorandin Starke bekam einen Einblick in die Forschungsweise des Labors, die sie für ihre eigene Arbeit nutzen möchte. Durmaz hat Erziehungswissenschaften in Bielefeld studiert und in Bonn zum Thema Mädchenarbeit geforscht. In ihrer Masterarbeit beschäftigte sich die gebürtige Kölnerin mit #Radikalisierung auf Onlineplattformen und Chatprogrammen in Verknüpfung mit der Theorie der sozialen Anerkennung. »Mein Wissen über Radikalisierung und Extremismus ist sehr hilfreich für die Studie, die ich im Projekt #OKAI an der HSBI durchgeführt habe«, erzählt Durmaz, die während der Projektlaufzeit an der HSBI tätig war.

Islamistische Terroranschläge haben weitreichende Folgen – auch für in Deutschland lebenden Muslime
OKAI ist ein vom Bundesministerium für Bildung #und #Forschung (BMBF) gefördertes Kooperationsprojekt mit der Hochschule Bremen und steht für »Optimierte Krisenkommunikation nach Anschlägen mit islamistischem Hintergrund in Deutschland«. Das Projekt wurde 2023 erfolgreich abgeschlossen. Betreut hat es Prof. Dr. Gerrit Hirschfeld, der als #Psychologe seit 2019 an der HSBI forscht und lehrt. Besondere Relevanz hat das Thema nicht nur, weil Terror mit islamistischem Hintergrund für die unmittelbaren Opfer und ihre Angehörigen weitreichende Folgen hat, sondern auch, weil die Gewalttaten, so die These der Forschenden, die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass das sich Ausgrenzung von Muslimen in Deutschland generell verstärkt und sich diese Bevölkerungsgruppe zunehmend von der sogenannten Mehrheitsgesellschaft entfremdet. Die Gründe dafür liegen unter anderem in der Angst und den Vorurteilen, die solche Anschläge bei Teilen der Bevölkerung auslösen und verstärken. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Darstellung der Anschläge und Reaktionen in den Medien. »In dem Projekt wollten wir Handlungsempfehlungen für muslimische Organisationen erarbeiten, die ihnen bei der Krisenkommunikation helfen«, erläutert Durmaz. »Dafür haben wir fiktive Artikel über islamistische und islamophobe Angriffe geschrieben, ebenso wie positive und negative Berichte über Muslime und diese zwischen weiteren Artikeln zur Ablenkung ‚versteckt‘. Die Ablenkungstexte thematisierten unter anderem das Teilen von #Netflix Acccounts und verkaufsoffene Sonntage.«

Zurück ins Labor: Der Eyetracker verfolgt die Augenbewegungen der Studienteilnehmerin. Durmaz erklärt das Vorgehen: »Unsere Probenanden wissen vorher nicht, worum es bei der Studie geht. Ich lasse sie alle Artikel in Ruhe lesen, das dauert meist etwa eine halbe Stunde. Wenn sie mit dem Lesen fertig sind, beantworten die Teilnehmenden noch einen Fragebogen.« Anschließend fängt für Durmaz die Arbeit an: Dann sichert sie die Daten, wertet die Fragebögen aus und speist die Aufzeichnungen aus dem Eyetracker in ihre Datenbank ein. Die Forschungsfrage, die Durmaz beantworten möchte, lautet: Beeinflusst eine Stellungnahme einer muslimischen Organisation über einen Anschlag, ob sich die #Leser länger einem positiven oder negativen Bericht über Muslime widmen?

Abschluss im Oktober: Einstellung positiv beeinflussen

Zeitsprung: Im Oktober 2023 ist die Empiriephase der #Eyetracking Studie von Durmaz abgeschlossen. Gemeinsam mit ihrem Team analysierte sie die Daten der insgesamt 202 #Probanden und veröffentlichte die Ergebnisse der Studie im Fachmagazin International Journal of Strategic Communication. »Wir sehen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Einstellung gegenüber der muslimischen Organisation und den Reaktionsstrategien gibt: Die Einstellung ist positiver, wenn die muslimische Organisation eine Stellungnahme veröffentlicht hat, als wenn sie keine Stellungnahme abgibt.« Dabei sind laut Durmaz die Strategien »Denial« (Verantwortung für die Krise wird abgelehnt) und »Diminish« (Verantwortung für die Krise wird auf weitere Faktoren geschoben) auffällig und führen zu einer positiveren Einschätzung der muslimischen Organisation. Und: »Je weniger der negative Artikel gelesen wurde, desto positiver war die Einstellung gegenüber muslimischen Akteuren. Andersrum kann man auch sagen, je positiver die Einstellung zur muslimischen Organisation war, desto weniger wurde auf den negativen Artikel geschaut.«

Eine der noch zu erarbeitenden Handlungsempfehlungen lautet also: Muslimische Organisationen sollten eine Stellungnahme zu Terroranschlägen veröffentlichen, wenn sie eine positivere Einstellung erzeugen möchten. Eine erste Publikation der Ergebnisse in einem Fachmagazin gab es schon, eine weitere ist in Planung. Damit sind die Meilensteine im Projekt OKAI geschafft – und das Verhalten von Menschen ein kleines bisschen besser verstanden.

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