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Auf dem Titelbild des Märkers wirkt die Abbildung des 1394 verstorbenen Grafen von der Mark, Adolf III, merkwürdig lebendig. Ein Thema der landeskundlichen Zeitschrift ist das Totengedenken im Mittelalter. Cover: Märkischer Kreis, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen, für Pressemeldungen ist der Herausgeber verantwortlich, die Quelle ist der Herausgeber

Märkischer Kreis: Neue Ausgabe »Der Märker« erschienen

Märkischer Kreis: Neue Ausgabe »Der Märker« erschienen

Märkischer Kreis, 18. Juni 2024

Mit einiger Verspätung präsentiert Kreisarchivarin Christiane Todrowski den Jahresband 2023 »Der Märker«. Mit 6 interessanten Beiträgen bildet die landeskundliche Zeitschrift eine breite thematische Vielfalt ab. Sie reicht vom Gedenken an die frühesten Grablegen von Märkern im 12. Jahrhundert bis in die Zeit des #Nationalsozialismus.

Erstmals in seiner Geschichte erscheint »Der #Märker« nicht im angegebenen Jahr, sondern im Jahr darauf. Fehlende Personalkapazitäten im Kreisarchiv und der Hackerangriff auf das kommunale Rechenzentrum führten im vergangenen Jahr zu einem redaktionellen Hürdenlauf. Allen Widrigkeiten zum Trotz liegt nun auch für das Jahr 2023 ein lesenswerter Jahresband der Landeskundlichen Zeitschrift für den Bereich der ehemaligen Grafschaft Mark und den Märkischen Kreis vor. Er bietet kulturhistorisch und heimatkundlich Interessierten ein breites Themenspektrum.

Totengedenken im #Mittelalter

Der erste Beitrag von Christiane Todrowski und Roland Pieper führt die Leserinnen und Leser in die dem modernen Menschen geistig religiös fremde Welt des Mittelalters: Hier pflegten Tote und Lebende regen Austausch. Die individuelle Lebensschuld der Verstorbenen konnte durch die Fürbitte der Lebenden ebenso wie durch die Fürsprache der Heiligen vor Gott gemildert werden. Um die Erinnerung, die »memoria«, aufrecht zu erhalten, wurden die Grabmäler insbesondere von Adeligen mit der Zeit immer opulenter. Diese Entwicklung ist an den Grabmälern der Grafen von der Mark geradezu exemplarisch ablesbar, wie die Autoren darstellen. Überraschend ist dabei die Lebensnähe, mit der die Toten wie Lebende vollplastisch dargestellt sind. »Mit offenen Augen und leichtem Lächeln um die Lippen könnte der 1394 verstorbene Adolf III. auf dem Titelbild des Märkers den Kopf sanft drehen und den Betrachter leise ansprechen», beschreibt Christiane Todrowski. Erstmals werden in diesem Beitrag alle erhaltenen Grabdenkmäler und Gedenkplatten der Grafen und späteren Herzöge vorgestellt. Besonderer Wert wurde dabei auf hochwertige Fotos gelegt, die dazu überwiegend neu erstellt wurden – und teils aus Perspektiven, aus denen man die Objekte bislang noch nicht gesehen hat.

#Stiftskirche in Fröndenberg

Auch im Beitrag von Roland Pieper zur Stiftskirche in Fröndenberg, einer Grabeskirche für die Grafen von der Mark, geht es um das Totengedenken im Wandel der Zeit. Zugrunde liegt dem von außen sehr ungleichen Bauwerk ein kreuzförmiger Memorialbau im Grundriss eines gleichschenkligen Kreuzes aus dem 13 Jahrhundert. Die verstorbenen Grafen von der Mark wurden im Tod quasi fürbittend von Zisterziensernonnen im westlichen Arm des Ursprungsbaus begleitet. Einer zweiten Bauphase lag ein etwas geändertes Verständnis von Totengedenken zugrunde: Die Marienkirche der Nonnen wurde nach Westen erweitert und mit den zeitlich folgenden Grablegen verschmolzen – die toten Grafen blickten gleichsam, auf dem Rücken liegend, zu den Nonnen auf einer Empore über ihnen hinauf. Für die Kirche wurde durch die zwei Bautrakte eine komplizierte Raumstruktur entwickelt, in der, wie der Autor darstellt, unterschiedliche soziale Gruppen exklusiv unterschiedliche Raumteile nutzten – es entstand eine »Sozialtopografie«.

Früh medial aufgebauschtes Scharmützel

Einen großen zeitlichen Sprung in den Siebenjährigen Krieg hinein wagt Detlef Klimke. Das durch naturräumlich landschaftliche Gegebenheiten in Südwestfalen geprägte Fernstraßensystem war auch in Kriegszeiten maßgeblich für Truppenbewegungen, Nachschub und Versorgungstransporte. Besonders sensible Eng und Gefahrenstellen waren Brücken, da sie einfach zu blockieren und zu kontrollieren waren. Klimke beschäftigt sich in seinem Beitrag mit den Kampfhandlungen im Juli 1761 an der Brücke, wo der alte Kaufmannsweg von Frankfurt nach Bremen bei Westhofen die Ruhr überquerte. In einem Kupferstich wurden die Kampfhandlungen zwischen Teilen der französischen und der preußischen Armee festgehalten. Der Autor kommt in seiner Analyse zu einem erstaunlichen Ergebnis: Die bildliche Darstellung ist in Teilen falsch und bezieht sich auf Vorbilder, deren Fehler der Künstler übernommen hatte. Letztlich konnten die Franzosen die Brücke halten, dennoch scheiterte für sie der Feldzug im Folgejahr. Das Scharmützel war indes eine Episode, die früh medial aufgebauscht wurde.

Vereinnahmung des 1. Mai

Ein weiterer großer Zeitsprung führt ins Jahr 1933. Das NS Regime führte den 1. Mai als »Feiertag der nationalen Arbeit« ein und riss damit einen ähnlichen Festtag der politischen Linken an sich, den diese seit Ende des 19. Jahrhunderts beging – in der Wandlung vom Protest zum Freudentag. Heye Bookmeyer zeigt auf, wie die örtliche Presse aus Altenaer Kreisblatt, Halverscher Zeitung und Süderländer Tageblatt über die Ereignisse sowohl im Vorfeld als auch an den Tagen danach berichtete und wie sie die Schwerpunkte der Berichterstattung zwischen Berlin und dem märkischen Sauerland gewichtete. »Tatsächlich aber diente die Feier in erster Linie der Propaganda und der Festigung der Stellung der Nationalsozialisten«, lautet das Resümee des Autors. Deutlich stellt er heraus, wie Druck auf die Bevölkerung aufgebaut wurde, sich an den Feierlichkeiten zu beteiligen – und wie das beispielsweise durch aus den Fenstern gehängte Fahnen sichtbar sein sollte. Ziel war es, die unterschiedlichen sozialen Gruppen mit einer solchen Veranstaltung erstmals unter der Führung des Nationalsozialismus zu vereinigen.

Verfolgung von Protestanten mit jüdischen Wurzeln

In die Zeit des Nationalsozialismus fällt auch die Untersuchung von Hans Ulrich Dillmann zu Familien in Werdohl, die zwar jüdische Wurzeln hatten, aber protestantischen Glaubens waren. 1933 gab es in Werdohl weder eine Synagogengemeinde noch offiziell als jüdisch registrierte Einwohner. Mit der Einteilung in drei Grade plus Mischehen wurden sie zu Juden »gemacht«, 23 Personen waren davon betroffen, davon vier als »Volljuden«, von denen nur einer die NS Zeit überlebte. Viele starben, einige fielen durch das Raster des NS Regimes, andere kehrten nach 1945 todkrank nach Werdohl zurück, nur wenigen gelang die Flucht in die USA. Dillmann zeichnet das Leben der Verfolgten anhand der erhaltenen Schriftquellen in Archiven minutiös nach. Aufgrund der Ausgangslage und dieser Entwicklung erstaunt es, dass zwei Verfolgte mit jüdischen Wurzeln die beiden ersten Bürgermeister Werdohls nach 1945 wurden: Hans Born (1945/46) und Heinrich Filthaus (1946 bis 1949). Angehörige jüdischen Glaubens gibt es nach Wissen des Autors heute in Werdohl keine mehr.

Heye Bookmeyer liefert schließlich eine umfassende Bibliografie für den Märkischen Kreis, die Stadt Hagen, den Hochsauerlandkreis und den Kreis Olpe über die Jahre 2020 bis 2022. Rezensionen zu Siegen Wittgenstein im preußischen 19. Jahrhundert, die Edition der Chronik des Iserlohner Bürgermeisters Johann Caspar Lecke aus dem 18. Jahrhundert sowie ein Beitrag über den Baumeister des Frühklassizismus, Engelbert Kleinhanz, der im südlichem Ruhrgebiet, im Märkischen Sauerland und im Bergisches Land tätig war, runden das bunte Spektrum von Themen ab.

»Der Märker« kostet 10 Euro und kann über den Buchhandel, die Bürgerbüros der Kreisverwaltung in Iserlohn (Griesenbraucker Straße 6) und Lüdenscheid (Heedfelder Straße 45) sowie über das Kreisarchiv in Altena (Bismarckstraße 21) bezogen werden: E Mail kreisarchiv@maerkischer-kreis.de, Telefon +4923529667058. Versandkosten werden zuzüglich berechnet.

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